Gemeinderat fordert Entschuldigung von AfD

Stammtisch zum „Ausverkauf der Heimat“ statt Gedenkstunde am 8. Mai

Zoff im Gemeinderat. So erregt und emotionsgeladen sei es schon lange nicht mehr in Philippsburg zugegangen, meinte ein Zuhörer. Heftige Vorwürfe richteten der Bürgermeister und die Fraktionen der CDU, LDP, Uli und FW an die drei AfD-Vertreter im Gremium, warfen ihnen „völkischen Jargon“ vor und beklagten das verbreitete „rechtsradikale Gedankengut“.

Peter Steinel (Uli) drohte gar, mit seinen Leuten den Sitzungssaal zu verlassen, wenn der AfD-Sprecher, der zu einer Rechtfertigung ausholte, nicht sofort den Mund halte. Einmütig forderten sie die seit der Kommunalwahl 2024 neu vertretene Fraktion auf, sich öffentlich zu entschuldigen und sich von ihrer Wortwahl zu distanzieren, was sie schließlich auch taten. „Wir entschuldigen uns hier und heute in aller Form“, so AfD-Chef Markus Weber.

Was war der Grund für die heftige Auseinandersetzung? Im Gegensatz zu allen anderen Gemeinderatsfraktionen hatte die AfD nicht an der zentralen Gedenkveranstaltung der Stadt zum Kriegsende und zur Befreiung von der NS-Diktatur am 8. Mai teilgenommen. Dafür erfolgte ein öffentlicher Aufruf an „alle Patrioten“ zu einem zeitgleichen „gemütlichen Stammtisch“, bei dem es um den „Ausverkauf unserer Heimat“ gehen sollte.

„Die Zeit ist reif, unsere Stimme zu erheben“, hieß es in den Sozialen Medien und im Stadtanzeiger von Philippsburg – und auch in den pressemäßig mitversorgten Nachbargemeinden. Die Zeit sei reif für ein souveränes Deutschland, lautete die Ankündigung der Stammtischrunde. Und: „Gemeinsam sind wir unaufhaltsam. Wir stehen gegen Bevormundung!“

Über diese Wortwahl regten sich insbesondere Hans Gerd Coenen (CDU), der als Erster eine Stellungnahme abgab, und Peter Steinel (Uli) auf. Sauer zeigten sich Jasmine Kirschner (LDP) und Christopher Moll (FW). Auch Bürgermeister Stefan Martus machte aus seinem Unmut keinen Hehl.

Coenen warf der örtlichen AfD vor, die Gesellschaft spalten zu wollen und bewusst eine ausgrenzende völkische Wortwahl zu benutzen. Demagogen am Werk sah Steinel, für den die Beurteilung als „gesichert rechtsextremistische Partei“ zu Recht erfolgt sei. Laut Kirschner gehe es der AfD nur darum, mit bestimmten Begriffen zu provozieren. Moll bekannte sein Entsetzen und vermutete eine „Steuerung von oben“.

Wie Martus informierte, habe er alle drei AfD-Stadträte angeschrieben und von jedem eine Entschuldigung verlangt, aber keine Antwort erhalten. Weber versuchte zunächst eine Rechtfertigung. „Reden Sie nicht weiter. Sie machen doch alles nur noch schlimmer“, warnte Coenen.

Gegenüber dem Gremium räumte der AfD-Mann ein, dass der Zeitpunkt des Stammtisches am historischen 8. Mai „ungünstig“ gewählt wurde. Schließlich distanzierten sich Emanuela Mosca und Thomas Steiner, nach nochmaliger Aufforderung auch Weber, von den umstrittenen AfD-Äußerungen. Mosca bekannte freimütig, die beanstandeten Texte nicht gelesen zu haben.


W. Schmidhuber

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