„Man kann von einem kriminellen Handeln sprechen“

„Klartext“-Podiumsdiskussion des SWR4 über europaweit größtes Gefahrstofflager

In „allergrößter Sorge“ sind nicht nur die Südpfälzer, sondern auch die badischen Nachbarn. Das ließ sich an den rund 150 Besuchern der vom SWR4-ausgerichteten Podiumsdiskussion im Germersheimer Straßenmuseum, an den zahlreichen Wortmeldungen und an der einhelligen Kritik an den „undurchsichtigen Plänen“ der US-Army als Antragsteller ausmachen.

Von derzeit 70 Tonnen Kapazität auf mindestens 1.900 Tonnen soll das bestehende Gefahrstofflager zwischen der Kreisstadt Germersheim und dem Nachbarn Lingenfeld erweitert werden. Das bedeute eine Steigerung um das 27-Fache, damit würde das Depot zum größten in Europa werden, hieß es. Unklarheit aufgrund fehlender und vorenthaltener Informationen herrschte bei fast allen Fragen. Möglicherweise sollen es auch 3.100 Tonnen sein, deutete Meyer an. Schon jetzt sind pro Tag so 250 LKW unterwegs. Wie viele fahren bei einer Erweiterung um das 27-Fache umher?

Untergebracht werden sollen „sehr giftige, giftige, brennbare, entzündbare oder ätzende Stoffe und Gemische“. Für das laufende Genehmigungsverfahren ist die Kreisverwaltung Germersheim zuständig. Über die „gefährlichen Pläne“ diskutierten unter der Regie von „SWR4-Klartext“-Erfinder Thomas Meyer, der für die Genehmigung zuständige Landrat Fritz Brechtel (CDU), Dietmar Bytzek als Vorsitzender der Bürgerinitiative, die bereits 5.000 Unterschriften gegen das Gefahrstofflager gesammelt hat, Oliver Kalusch vom „Bundesverband BI Umweltschutz“, MdB Tobias Lindner (Grüne), Mitglied im Verteidigungsausschuss, und Bundestagskollege Thomas Hitschler (SPD). Einbezogen war auch das Publikum.

Dort saßen Experten der Kreisverwaltung, die Landtagsabgeordneten der CDU und AfD, etliche Bürgermeister der Region. Zum Ärger der Bürger hatte sich die eingeladene US Army „gedrückt“, sicherte schriftlich unter dem Gelächter der Versammlung „viel Transparenz“ zu. Durch Abwesenheit glänzten auch Vertreter der Landesregierung: mit der Begründung, nicht zuständig zu sein.

Wie gefährlich sind diese Stoffe? Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es? Wer kontrolliert das Ganze? Immer wieder kamen diese Sorgen zum Ausdruck. So herrschte auch eine gereizte Stimmung. Prechtel und Bytzek stimmten überein, dass die von der Army eingereichten Unterlagen unvollständig und „somit keinesfalls genehmigungsfähig“ sind. Zu den Feststellungen gehörte auch, dass es keinerlei Überwachungen des Lagers gebe, keine Kontrollen, keine Sicherheitsgarantie, keine Behebung bereits ausgemachter Sicherheitsmängel, erstrecht keine Akteneinsicht. „Man kann von einem kriminellen Handeln sprechen“, meinte Bytzek.

Niemand wisse genau, was dort alles eingelagert werden soll, bekundeten die zwei Bundestagsabgeordneten. Von einem „erheblichen Gefahrenpotenzial“ sprach Kalusch. „Wir haben die unvollständigen Unterlagen wieder zurückgegeben“, ließ der Landrat wissen. Ohne umfassende Informationen komme es zu keiner Genehmigung. Byzek vermutet die Lagerung von 1.775 verschiedenen Stoffen. Bereits jetzt existierten hochgiftige Substanzen. „Wir möchten hier kein Gefahrstofflager haben“, lauteten die einmütig erhobenen Forderungen, die mit viel Beifall bedacht wurden. Für die etwa 20 Badener aus Philippsburg, Oberhausen-Rheinhausen und Waghäusel forderten Bürgermeister Stefan Martus und Gemeinderat Werner Most, auch an die Sicherheit und Gesundheit der Menschen auf der rechtsrheinischen Seite zu denken.

(Schmidhuber)

 

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