Kämpfen lohnt sich

Die Pfalz ist vom badischen Philippsburg kaum mehr als einen Steinwurf entfernt. Manchmal sind es jedoch Welten, die das pfälzische und das badische Gebiet trennen, und eben nicht nur der Rhein. So ist bei den Nachbarn jenseits des Rheins die Betreuung für Kinder ab zwei kostenfrei, in Philippsburg wie überhaupt in ganz Baden-Württemberg ist das nicht üblich. Im Ländle kosten „Kita“ und „Kiga“ Geld, wohlgemerkt als einzige der Bildungseinrichtungen. Die Gebühren dafür werden in den Gemeinden festgelegt. Zudem zahlt man über den Länderfinanzausgleich die kostenfreien Angebote anderswo gleich mit.

In Philippsburg haben die Eltern jedoch offensichtlich den Aufstand geprobt und den dortigen Gemeinderat zu einer bemerkenswerten Entscheidung bewegt. Eine schon vor einem Jahr entschiedene Beitragserhöhung wird vorerst nicht kommen. Dafür hatten sich die Elternvertreter starkgemacht. Die vom Kämmerer angemahnte Mehrbelastung für die Stadt wurde mit dem Hinweis auf „üppige Rücklagen“ zurückgewiesen. Ein Jahr wird die Erhöhung ausgesetzt, entschieden die Bürgervertreter in ihrer jüngsten Sitzung. Sogar ein kompletter Verzicht ist für die Mehrheit der Fraktionen denkbar. Damit wird die Betreuung nicht kostenlos, aber immerhin nicht teurer.

Der Fall in Philippsburg gibt den Eltern in Bruchsal Hoffnung. Dort erhöhen die drei freien Träger zum Teil massiv ihre Gebühren – Grund dafür ist auch die Empfehlung von Städte- und Gemeindetag, dass 20 Prozent der Kosten für die Kinderbetreuung über Elternbeiträge gedeckt werden sollten. Diese will der Gemeinderat in Zeiten klammer Kassen umsetzen. Für die Eltern dennoch nur schwer verständlich, wirbt doch Bruchsal gerne mit seiner Familienfreundlichkeit.

Solange Bund und Länder nicht für eine echte Gleichbehandlung bei der Kinderbetreuung sorgen, entscheidet also der Wohnort über die finanzielle Belastung der Eltern. Da können Kitagebühren schnell zum knallharten Standortfaktor für junge Familien werden. Es gibt Gemeinden, die das erkannt haben: In Heilbronn sind Kindergartenplätze ab drei Jahren kostenlos, und auch in Karlsruhe wird über eine Entlastung der Eltern diskutiert. Aus den Fraktionen gibt es dazu längst Vorstöße.

Aber es hängt nicht allein an den Kommunalpolitikern. Kämpfen lohnt sich, zeigen die Philippsburger Eltern mit ihrem Engagement. Ihre Stimmen wurden gehört, sie haben den politischen Willen beeinflusst und die Räte umgestimmt. Und Empfehlungen des Städte- und Gemeindetages sind eben nur Empfehlungen – nicht mehr und nicht weniger – und längst nicht bindend.

Nicole Jannarelli

Mit freundlicher Genehmigung der BNN-Redaktion; 16.07.2018

Zurück